Mein Ultramarathon Taubertal 100
Einen Ultramarathon, den Rennsteiglauf Supermarathon im Jahre 2016, habe ich ja bereits absolviert. Danach war ich fest entschlossen, dass dies mein letzter “Ultra” gewesen sein sollte. Die Schmerzen während des Laufs und in der kompletten Woche danach waren einfach heftig.
Dennoch reifte Ende 2018 der Gedanke an einem 100 km Lauf teilzunehmen. Schon seit einigen Monaten fand die Website des “Taubertal 100” den Weg in meine Bookmarks. Also mal wieder die Seite aufgerufen und die Strecke angeschaut. Die Race-Videos und die Erfahrungsberichte taten ihr Übriges. Also habe ich mich tatsächlich angemeldet.
Nach der Anmeldung fühle ich mich immer gut und meine Entscheidung fühlt sich auch richtig an. Der Startschuss ist ja auch noch zeitlich weit weg und die Vorfreude steigt auf. Aber je näher der Termin rückt desto mehr weicht die Vorfreude dem Respekt und den ersten Zweifeln.
Insbesondere auch aufgrund des noch komplett zu absolvierenden Ultra-Trainings. Nach dem IRONMAN Austria und dem Familienurlaub sollte das Training eigentlich starten. Aber ein kleines Motivationsloch hinderte mich die wirklich langen Läufe von 35 km und mehr anzugehen.
Das schaffte ich dann zumindest in den letzten 5 Wochen. Zwei Trainingsläufe über 4h bzw. 50 km und etliche Läufe um und über 30 km konnten meine Zweifel ein wenig reduzieren. Und wenn dann auch die Workouts in TrainingPeaks auch noch grün angezeigt werden dann motiviert das zusätzlich.
Der Lauf ist klein aber fein. Bei der sechsten Auflage waren knapp 300 Starter über die Distanzen von 50 km, 71km, 100 km und 100 Meilen vor Ort im wunderschönen mittelalterlichen Startort Rothenburg ob der Tauber.
Leider konnte mein Freund Claudio verletzungsbedingt nicht teilnehmen. Umso bemerkenswerter war es, dass er dennoch die Strapazen der Reise, das schlechte Wetter auf sich nahm um mit mir das Wochenende vor Ort zu erleben und mich an der Strecke zu unterstützen. Dankbarkeit die man nicht in Worte fassen kann.
Der Lauf startete um 5:20 mit einem lockeren Fackellauf vom Hotel zur Stadtmauer wo wir von einem Reiter als Botengänger beauftragt wurden. Hinab ins Taubertal an die Startlinie und pünktlich um 6 Uhr fing das Abenteuer an. Stockdunkel und mit Stirnlampen ausgestattet ging es im Regen los. Nach einer Stunde dämmerte es und das Taubertal konnte erstmal richtig genossen werden. Wäre da nicht der Regen gewesen, der mich ca. 25 km begleitete.
Fast genau nach der Marathondistanz stand Claudio das erste mal an der Strecke und fragte mich was ich denn vor habe. Ich bin – wie immer eigentlich – viel zu schnell angegangen. Mir war das bewusst und mir war auch klar, dass ich dieses Tempo nicht bis zum Ende halten kann. Ich muss jedoch meinen Rhythmus beibehalten. Das ist mein Laufstil und das werde ich nicht ändern können.
Ab km 45 bin ich auf einen weiteren Läufer aufgelaufen. Und dann verliefen wir uns beide zwischen km 48 und 49. Ein Schild nicht entdeckt! Nach ca. 1,5 km wunderten wir uns über die fehlenden Straßenmarkierungen und liefen zurück. Klasse! Nochmal 3 km mehr. Das hätte ich nun wahrlich nicht gebraucht.
Bis km 60 konnte ich meine Pace ganz gut halten. Danach musste ich mit heftigem Gegenwind kämpfen. Schützende Bäume waren die nächsten km nicht mehr da und der Wind war wirklich zermürbend. Dann höre ich eine Trompete aus dem Burgturm im Tauberbischofsheim. “Ich” werde angekündigt und laufe durch das 71 km Ziel. Ausstieg möglich! Ich hadere mit mir, aber entscheide mich dann doch zum Weiterlaufen.
Claudio steht die ganze Zeit an der Strecke und unterstützt und erwartet mich wahrscheinlich ein paar Kilometer weiter. Da kann ich doch nicht einfach aufstecken. Neue Schuhe aus dem Wechselbeutel genommen. Zur Stärkung Kartoffelbrei, Kokosöl und Himalayasalz. Und weiter läuft es!
Naja, so richtig laufen kann man es ab hier und dann vor allem ab km 82 nicht mehr nennen. Ich habe zwar im Vorfeld auf der Streckenkarte ein paar Anstiege entdeckt. Aber für mich hatten diese Anstiege nach über 80 km fast “alpinen” Charakter. Claudio trieb mich an und lief einen Anstieg neben mir her!
Die km wurden immer “länger”. Krämpfe kamen und gingen. Jeder Bodenkontakt ließen meine Beinmuskel implodieren. Bodenmarkierung 98 km. Die letzten zwei km! Ich bin kurz vor Wertheim. Einlaufen in die Start, letzte Kurve und ich bin nach 8:56:19 im Ziel. Danach kam eine weitere große Herausforderung: Man wird zum Ritter geschlagen und muss sich hinknien. Ein Krampf schoss sofort in den Oberschenkel und ich war froh irgendwie wieder hochzukommen. Danach bekam ich die wohlverdiente Medaille!
Ein Blick auf meinen Garmin-Eintrag ist für mich noch immer surreal. Da steht tatsächlich eine dreistellige km-Zahl. Und es ist ein Läufer und kein Fahrrad daneben abgebildet. Unfassbar! Und so langsam weicht der Muskelschmerz dem Stolz.
Großes Lob an die vielen freiwilligen Helfer an den Verpflegungsstationen. Super freundlich und immer für nettes Gespräche zu haben.
Das war nun mein erster – und mit sehr großer Wahrscheinlichkeit – mein letzter 100 km Lauf!
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